Buchcover "Die Zehnjahrespause" von Meg Wolitzer, Dumont Verlag
2019 erstmalig auf deutsch:
Der 2008 veröffentlichte Roman „Die Zehnjahrespause“ von Meg Wolitzer

Wenn Meg Wolitzer sagt, in diesem Roman gehe es um eine Gruppe der zu Hause gebliebenen Mütter, die darum kämpfen, sich selbst eine Bedeutung zuzuschreiben, dann ist das auch eine politische Aussage. Denn Meg Wolitzer gilt spätestens seit ihrem Erfolg des Bestsellers „Das weibliche Prinzip“ als eine der führenden feministischen US-Autorinnen. In ihrem aktuell erstmals auf deutsch erschienenem Roman „Die Zehnjahrespause“ skizziert die Schriftstellerin den Alltag vier ehemals beruflich erfolgreicher Vollzeitmütter in und um Manhattan. Wir bewegen uns in der gehobenen Mittelschicht und tauchen ein in das urbane Leben junger Familien in der Post-2001-Ära New Yorks.

„Einige hatten den Wegzug [..aus Manhattan] als das Ende ihrer Jugend empfunden und waren mit ehrlicher Trauer gegangen. Männer, die früher durch die Clubs gezogen waren, befürchteten, sie würden ihre Wochenenden von nun an in dicken, weibisch wirkenden Pullis unter freiem Himmel verbringen, und Gartengeräte in den ungeübten Händen halten, während sich die Frauen an einer Kochinsel in der Mitte einer beneidenswert großen, futuristischen Küche stehen und bis in alle Ewigkeit Frühlingszwiebeln schneiden sahen.“ Das liest sich unglaublich flüssig und unterhaltsam, es ist ein bisschen so, als seien diese Frauen ihrem ehemaligen „Sex and the city“-Setting entwachsen und finden sich nun in einer Mutterrolle gefangen, die ihren Ansprüchen nur teilweise genügt. Geschickt verwebt die Autorin zu den Lebenssituationen der Freundinnen entsprechende Momentaufnahmen aus den Biografien ihrer Mütter. Hatten diese härtere Kämpfe auszufechten? Als bildungsferne US-Immigrantin, als künstlerisch ambitionierte Emanzipations-Vorreiterin, als alleinerziehende Arbeiterin im mittleren Westen? Meg Wolitzer erweckt in ihrem Roman den Anschein, als fuße die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie mehr auf dem inneren Konflikt der Mütter als auf der gesellschaftlich-politischen Ebene. Selbst mit ihren Ehemännern führen die Frauen keinen Diskurs über eine gleichberechtigte Karriereplanung und eine partnerschaftliche Bewältigung des Familienalltags. Der anstrengende Alltag als „Helicopter-Mom“ bietet eine wunderbare Deckung vor der Frage, welchen Platz ich in den Jahren nach der Zehnjahrespause einnehmen möchte. Frauensolidarität oder gegenseitige Förderung findet daher lediglich kurzzeitig auf einer anderen Ebene statt: als eine der Frauen ihre neu gewonnene Freundin bei einer außerehelichen Affäre deckt.

Sind Muttergefühle ein Karrierekiller ?

Die Erzählung bietet mir gute Unterhaltung, ich fühle mich angezogen von dem Reigen der New Yorker Frauenschicksale und lese den Roman zügig durch. Als ich jetzt in der aktuellen Presse die Rezensionen lese und die Einordnung des Romans als feministische Literatur, bin ich sehr zwiegespalten. Ist es nicht so, dass die Protagonistinnen des Romans sich allein durch ihren Rückzug in die Vollzeit-Mutterschaft jegliche Ambition nehmen? Hormone als Karrierekiller? Wenn ich mutmaße, dass die Autorin diesen Punkt eben genau deswegen macht – um darüber zu diskutieren- dann ist mir das Werk zu seicht geraten. Meg Wolitzer verfügt als literarisches Schwergewicht über die notwendige Kraft, dem Thema eine bissigere Abrechnung zu verpassen, die für anhaltende Diskussion sorgt – hier wird es in leicht verdaulichen Häppchen serviert.