Stolperstein Ilse Silbermann

Seit fast 20 Jahren schon gibt es auf Hamburgs Gehwegen kleine glänzende Gedenksteine, die an das Leben meist jüdischer NS-Mordopfer vor deren früheren Wohnorten erinnern

Meine Mutter ist Jahrgang 1926. Sie lebte in Hanover-Isernhagen in einer gutbürgerlichen protestantischen Familie, als das NS-Regime begann. Nach Kriegsende, mit 19 Jahren, holte sie ihre gestohlene Jugend nach. Die Ausbildung zur Grundschullehrerin, die sie noch während des Krieges begonnen hatte, musste sie abbrechen. Sie war jedoch eine selbstbewusste, unabhängige junge Frau, im Standesamt tätig, und heiratete mit 26 Jahren ihre Jugendliebe Werner. Inzwischen lebt sie als Witwe in ihrem hübschen Apartment einer Senioren-Wohnanlage und blickt auf ein erfülltes Leben zurück: Wohlstand, Eigenheim, zwei gesunde Kinder. Urlaube, Reisen, ein großer Freundes- und Bekanntenkreis. Immer hat sie uns vor den Schrecken eines Krieges gewarnt. Von der schlechten Zeit erzählt. Den Luftschutzkellern. Auch von den Schicksalen aus dem Bekanntenkreis. Und ganz, ganz weit weg… gab es einen Apotheker, ein Jude, der sich das Leben nahm. Warum? Er durfte ja nicht mehr arbeiten. Und ihm drohte, abgeholt zu werden. Abgeholt? Ja, ins Lager, Genaues wusste man nicht, nein, durfte man nicht wissen.

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